Fassadengestaltung mit Glas und Holz

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Ein Bürogebäude-Komplex der Superlative

(Mein Beitrag im „Holz-Zentralblatt“ vom 31.8.2018 in gekürzter Form)

Die Erste Group hat ihre Bankzentrale in Wien auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofs errichten lassen, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft der neue Hauptbahnhof entstanden ist.

Henke Schreieck Architekten realisierten in vier geschwungenen Baukörpern einen hellen und offenen Bürokomplex, der die Blockrandbebauung des 4. Bezirks, das Schloss Belvedere, sowie den Schweizergarten miteinander verbindet. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn der organisch geformte Komplex ist im Erdgeschoss des zweigeschossigen Atriums öffentlich, mit Cafés, Restaurants, Sitzgruppen und Eventräumen, die für Kunst und Kultur genutzt werden. Darum angeordnet Innenhöfe, Landschaftsgärten und Ruhebänke. Campus und Umfeld gehen ineinander über und die verglaste Fassade ergibt Blicke in die Umgebung und zeigt transparente und gleichwertige Büroräume für 4.500 Mitarbeiter.

Der Erste Campus zeigt ein hohes Maß an ökologischer Nachhaltigkeit, ist durchgehend barrierefrei und wurde von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) mit dem Platin-Zertifikat ausgezeichnet.
Wichtiges Merkmal der Transparenz ist eine Glasfassade, hinter der über 7.300 raumhohe Holzfenster angeordnet sind, teilweise öffenbar. Innerhalb der Doppelfassade befindet sich ein Verschattungssystem.
Die Holzfenster wurden von einem KMU, der Firma Katzbeck (A-Rudersdorf) geliefert und vom Fassadenbauer SFL-Technologies (A-Stallhofen) montiert.

Freiformflächen in Glas und Holz

Wir sprachen vor Ort mit Manfred Wolf, Geschäftsführung Katzbeck über das Projekt, das in seinem Umfang wohl einmalig für einen Fensterhersteller ist und besondere Herausforderungen stellte.

Frage: Herr Wolf, wie geriet Ihr Unternehmen an das Projekt?
Manfred Wolf: „Wir sind über SFL-Technologies an das Objekt gekommen, die für Stahlbau und Fassade zuständig waren.“

– Was waren die Forderungen des Bauherrn?
Wolf: „Die Architektur hat gewisse Dinge gefordert, d.h., wir mussten ein spezielles Fenster für dieses Objekt konstruieren. In Gesprächen mit den Architekten haben wir dann eine Lösung entwickelt.

Wir haben erst ein Muster hergestellt und es geprüft: es ging um Windlasten, Luftdurchlässigkeit, Schallschutz, Wärmedämmung. Unser Partner dabei war die Holzforschung Austria (HFA), Herr Schober leitete die Prüfungen. Wir lieferten die Holzrahmen, das Glas und die Montage kam von SFL, einem Stahlbauunternehmen. In Zusammenarbeit mit dieser Firma durchlief unser Muster alle notwendigen Prüfungen, nicht nur an der HFA.“

– Warum ein Sonderprodukt?
Wolf: „Die Anforderungen waren vielfältig: Das Fenster sollte innen flächenbündig sein, hohe Windlasten aushalten und eine hohe Dichtheit aufweisen. Die Maße der Fenster lagen bei 2,40 m bzw. 3,40 m Höhe mit entsprechenden Aussteifungen. Es waren 7.321 Fensterrahmen, die wir lieferten, Angeordnet als Flügel und fixe Elemente. Anders als wir ursprünglich angenommen hatten, gab es dabei nur wenige Fenster mit gleichem Maß. Das war der gekrümmten Anordnung in Außen- und Innenkurven geschuldet.“

– Wie war Ihre Montage-Logistik bei dieser großen Anzahl und fünf Baukörpern?
Wolf: „Wir mussten für fünf Bauteile und jeweils mehrere Stockwerke planen und nach Baufortschritt liefern. Das war auch für uns spannend. Dafür haben wir eine eigene Logistik entwickelt, die die Fenster geschossweise und nach Himmelsrichtung gekennzeichnet hat. Auf Paletten verpackt wurden sie dann, nach Anforderung, auf die Gebäude verteilt und in die entsprechenden Geschosse gehoben. Die Montage folgte dem Baufortschritt: währen unten die Fenster montiert wurden, wurde weiter oben noch am Rohbau gearbeitet. Die Gläser wurden auf der Baustelle vom SFL-Team in unsere Rahmen eingebaut. Auch die Montage, die etwa neun Monate dauerte, erfolgte durch SFL. Die vorgegebenen Toleranzen für uns waren anspruchsvoll und wir haben mit der Holzforschung Austria dafür spezielle Einbausysteme entwickelt.“

– Wie waren die Vorgaben für Schallschutz und Sicherheit?
Wolf: „Der Schallschutz funktioniert durch die Prallscheibe, die 60 cm vor den Fenstern eine Doppelfassade erzeugt. Die Sicherheit der Bank wird durch Zutrittssysteme gewährleistet, im Fensterbereich gab es keine erhöhten Anforderungen.“

– Was wird für den Sonnenschutz getan?
Wolf: „Vor unseren Fenstern, also im Zwischenraum der Doppelfassade, gibt es ein Verschattungssystem.“

– Warum forderte der Bauherr Holzfenster?
Wolf: „Die Anforderungen an Nachhaltigkeit durch den Bauherrn waren sehr hoch. Das Nachhaltigkeits-Image der Bank wurde durch den Einsatz der Holzfenster unterstrichen, die in ihrem Erscheinungsbild ja durch die Prallscheibe hindurch von außen sichtbar sind. Letztendlich entschied man sich für heimisches keilgezinktes Lärchenholz mit wasserlöslicher Beschichtung. Holz-Alu-Fenster waren wegen der Prallscheibe nicht notwendig, die Fenster stehen ja nicht in der Bewitterung.“

– Erfolgt die Lüftung über die Fenster?
Wolf: „Es gibt im Gebäude eine kontrollierte Lüftung, schon wegen der hohen energetischen Anforderungen. In der äußeren Glasfassade gibt es Lüftungsöffnungen, die gesteuert werden können. Im Sommer wird erwärmte Luft abgeführt, im Winter wird durch erwärmte Luft eine Heizungsunterstützung erzeugt. Es gibt Lüftungsflügel in jedem Büroraum.“
Die technische Begleitung erfolgte durch die Holzforschung Austria, Wien.

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