Für weniger als einen Euro/Jahr beheizt und gekühlt

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Gewerbebau mit thermischen Solarkollektoren

(Nach einem Vortrag von Manfred Starlinger auf den Advanced Building Skins 2017 in Bern)

Manfred Starlinger, Geschäftsführer der Unimet, stellte ein bereits 2006 errichtetes Gewerbeobjekt vor, das für weniger als einen Euro pro Quadratmeter und Jahr gekühlt und geheizt wird. Zehn Jahre später wurde das Gebäude, es befindet sich im Salzkammergut in Österreich, evaluiert.

Ziel der gewählten Energieversorgung war nicht ausschließlich die solare Energiegewinnung. Vielmehr wurde ein Konzept entworfen, das die Anlagenkomponenten optisch ansprechend in die Fassade einbettet, ökologisch wie ökonomisch darstellbar ist und mit einer solaren Deckung von über 50% den Charakter der solaren Heizungsunterstützung umkehrt.

Konzept und Aufbau

Thermische Solarkollektoren, architektonisch anspruchsvoll in die Südfassade integriert, stellen die Primärkomponente zur Hallenbeheizung dar. Schlechtwetterperioden werden mit einer Wärmepumpe abgefedert. Ein ausreichend dimensionierter Schichtladespeicher in Verbindung mit der thermisch aktivierten Betonbodenplatte sowie eingebundene Brunnenwassernutzung, lassen nicht nur Wärme sondern auch Kälte für heiße Sommertage entstehen. Entgegen der üblichen Aufsatzkonstruktion sind die thermischen Kollektoren in die P/R-Fassade eingebettet und bilden damit ein energieaktives Bauteil, das den Innen- vom Außenbereich trennt und alle sonstigen bauphysikalischen Anforderungen einer Primärfassade erfüllt.

Kollektorflächen wechseln sich optisch mit Tageslicht- und Belüftungsöffnungen ab. Die P/R-Fassade mutiert dabei zum Licht-, Luft- und Energiemanager. Sie lässt sich modulartig und hochflexibel gestalten.

Eine weitere Besonderheit steckt im Kollektoraufbau. Er wird bivalent, mit Wasser und Luft, betrieben. An Tagen, an denen das solare Angebot zur Beschickung des Ladespeichers nicht ausreicht, erzeugt der Kollektor trotzdem Lufttemperaturen, die zur Hallenbeheizung genutzt werden. Die Kollektorbauweise erhöht damit die energetische Ausbeute zu niedrigen Temperaturen hin. Für das effiziente Zusammenwirken der verschiedenen Komponenten sorgt eine ausgeklügelte Steuerung & Regelung.

Die Gebäudehülle besteht außen aus vorgespannten Weißglasscheiben, die die aus extrudiertem Aluminium gefertigten Absorber abdecken. Das Design der Flügelform mit Wasserführung ist auf thermische Leistung hin optimiert, gleichzeitig wurde der Materialeinsatz von Aluminium minimiert. Die Aufnahme des wasserführenden Rohrs im Extrusionsprozess reduziert die Übergangsverluste, wie sie üblicherweise bei herkömmlichen Kupferabsorbern auftreten. Diese Konstruktion des Absorbers ermöglicht dessen Größen bis ca. 7 m, wobei nicht der Produktionsprozess, sondern die Temperaturgänge die Längenbegrenzung darstellen.

Der Kollektoraufbau ist auf den Niedertemperaturbereich optimiert. Hohe Stillstandstemperaturen werden durch die vertikale Orientierung in der Fassade vermieden – reduzierte Einstrahlung im Sommer – was sich positiv auf die Lebensdauer der Bauteile auswirkt.

Systemaufbau, Komponentenverschaltung

Das unten dargestellte Schaltbild visualisiert sämtliche Komponenten, die das solarthermische System bilden. Neben der Kollektorfassade bilden Schichtladespeicher und die nach unten isolierte Bodenplatte weitere Schlüsselelemente zur Wärmegewinnung und zum -vorhalt. Luft- und Wasserkreis können getrennt oder parallel betrieben werden. Der Luftkreis macht niedrige Kollektortemperaturen durch direktes Einblasen unmittelbar nutzbar – Niederenergie, die über den Wasserkreis verloren wäre. Als Energiereservoir und Wärmemanager fungiert der Schichtladespeicher, der nur zu Zeiten geringer Einstrahlung durch eine Wärmepumpe beladen wird. Die betonkernaktivierte Bodenplatte wirkt zusätzlich als Massespeicher und sorgt mit einer großen Trägheit für relativ glatte Temperaturprofile.
Raumluftkühlung im Sommer erfolgt über den Luftkreis und einem Kühlregister, das, wie die Wärmepumpe, Brunnenwasser nutzt.
Zur Erzielung schneller Reaktionszeiten wird erwärmte Kollektorluft direkt in die Halle eingeblasen. Speziell bei geringer solarer Einstrahlung, die für die Wassererwärmung nicht mehr effizient zu nutzen ist, lassen sich noch Energieeinträge über die Luft generieren. Die betonkernaktivierte Bodenplatte stellt einerseits den thermischen Großspeicher und in der Folge die naturgemäß träge Wärmegrundversorgung sicher.

Ergebnisse

Die Leistungsfähigkeit des Systems hängt entscheidend von der Gesamtauslegung ab. Vorrangig auf den Winterfall getrimmt, sind die wesentlichen Einflussgrößen Kollektorart und -ausrichtung, die Absorberfläche, Art und Größe des Schichtladespeichers, Masse der Bauteilaktivierung sowie eine ausgeklügelte Regelung.

An schönen Wintertagen kann gänzlich auf die Wärmepumpe verzichtet werden. Über das Jahr (Heizperiode) gesehen, übernimmt die Solaranlage mehr als 50% der Wärmeerzeugung. Dieser Wert variiert bei Tages-, Monats- bzw. Jahresbetrachtung.

Vergleicht man die elektrisch eingesetzte Energie der Wärmepumpe (WP) mit der gesamt erzielbaren Heizwärme, zeigt sich ein Verhältnis von knapp 1:4. Die Wärmepumpe schneidet dabei mit einer relativ bescheidenen Jahresarbeitszahl ab.
Der Luftkreis, der energetisch in der vorliegenden Studie nicht bewertet wird, sorgt im Sommer für kühle Luft und heizt im Winter über die solaren Einträge die Zuluft vor.

Von großem Einfluss ist die Dimensionierung der Masse der Bauteilaktivierung. Im vorliegenden Fall ist dies die Betongrundplatte, die als Quasispeicher dient und mit einer Dicke von 250mm bemessen ist. Bereits mit Ende August werden die solaren Erträge der Fassade in die Betonplatte eingespeist. Damit ergeben sich für die Übergangsmonate im Herbst ausgesprochen hohe solare Deckungsraten für die Heizung.

Selbst bewölkte Tage führen zu Kollektortemperaturen von über 20°C, die über den Luftkreis direkt in die Hallen eingebracht werden und zusätzlich als thermisch verbesserte Haut zum Außenbereich wirken.
Das 10-Jahresmittel des Stromverbrauchs für Wärme- und Umwälzpumpen ist kleiner als 15.000 kWh/a. Auf die Nutzfläche bezogen bedeutet das weniger als 9,4 kWh/m2·a. Auf thermischen oder visuellen Komfort muss dabei nicht verzichtet werden. Die unterschiedlichen Jahre variieren zum Teil ganz erheblich. Hier spiegeln sich härtere bzw. mildere Winter wider, als auch Winter mit vergleichsweise hohen Strahlungsanteilen.
Vergleicht man die eingesetzte elektrische Energie für die Wärmepumpe samt der Umwälzpumpen und der fünf Ventilatoren mit einem konventionellen Heizsystem auf Ölbrennerbasis und einem zugrunde gelegten Nennverbrauch von 10 l pro m2 und Jahr, resultieren daraus 16.000 l Heizöl pro Jahr Vergleichsmenge.

Nicht nur die deutlich bessere Umweltbilanz reklamiert das vorliegende System für sich. Die Abhängigkeit von der Ölpreisentwicklung und der verringerte monetäre Einsatz für die elektrische Antriebsenergie motivieren zur Abkehr vom Verfeuern fossiler Energien.

Die CO2 Einsparung für ca. 160.000 Liter Öl in zehn Jahren Betrieb bemisst sich auf umgerechnet 500 t.

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