Hermann Blumer – Visionen

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Hermann Blumer – Visionen der nächsten 20 Jahre

Für Hermann Blumer war die Begegnung mit dem japanischen Star-Architekten Shigeru Ban ein starker Impuls, der bereits in die nahe Zukunft strahlt: der Neubau der Swatch in Biel wird die bisherigen Dimensionen von Freiform-Bauten sprengen. Und auch zu diesem Projekt hat Blumer seine eigene Meinung: dank der präzisen Vorfertigung rechnet er mit dem Aufbau der mehrfach gekrümmten Hülle aus hölzernen Stabelementen 200/560 mm und der Dacheindeckung in sehr kurzer Zeit. Die Spannweite des Gewölbes beträgt an der breitesten Stelle 33 m und die Stichhöhe erlangt 26 m. Die Koppelung der Balkenbänder in den Schnittpunkten erfolgt mit Überblattungen ohne metallische Verbinder.

Ein Gespräch über den Holzbau in den nächsten 20 Jahren.

-Wie geht es weiter?
Blumer: „Der heutige technologische Stand kann dazu nützlich sein, sich für die Branche die Gedanken für die Zukunft zu machen. Es ist doch so, dass unsere Branche Neues wagen muss, um sich behaupten zu können. Wenn wir mit dem Holzbau jetzt etwas wagen, dann ist das erstens immer mit Risiko verbunden, zweitens wird immer am Anfang etwas in Frage gestellt und drittens ist ein Wagnis immer wieder mit Rückschlägen verbunden. Der Holzbau kann zur Leitart in Sachen Material werden und er könnte zeigen, wie man mit Nachhaltigkeit, Ideen und mit Technologie umgehen kann.“

– Das gilt auch für verdichtetes und höheres Bauen in Städten?
Blumer: „Natürlich. Das gilt sogar für Völker, die über wenig Holz verfügen oder die eine einfache Unterkunft haben. Auch dort kann Holz zum Leitbaustoff werden. Jedoch z.B. in der Sahara hat das keinen Sinn. Da rate ich, mit den dortigen Stoffen zu bauen.“

– Wo sitzt der Motor dieser Entwicklung?
Blumer: „Ich glaube in der gesellschaftlichen Sinnsuche. Jede Gesellschaft hat irgendwann das Ressourcenproblem so zu lösen, dass also Rohstoffe so eingesetzt werden, dass sie auch für die nächsten Generationen nutzbar sind. Und das können wir beim Holz mit dessen Nachhaltigkeit auch so voraussehen und berechnen. Und zwar so, dass dieses Gleichgewicht auf allen Erdteilen und in allen Regionen herrscht. Die Akzeptanz zum Baustoff Holz ist beim Menschen ausgeprägt, dazu müssen Sie nur Kindern zusehen, die mit Holzklötzen spielen.“

– Ist Holz für den, der damit bauen will, denn leicht zu beherrschen?
Blumer: „Der Zugang zum Baustoff Holz ist ein anspruchsvoller, denn es ist ein auf den ersten Augenblick schwer beherrschbarer Stoff. Die heutige präzise Fertigungstechnik mit Holz und das Wissen über seine Eigenschaften hat jetzt die Spitze erreicht, wir verfügen über diverse Trümpfe. Was wir jetzt aber benötigen sind die Fähigkeiten der Praxis. Jetzt müssen wir auf der ganzen Welt in der Holzbranche in die Ausbildung investieren. Diese Ausbildung muss die Kenntnisse des 19. Jahrhunderts mit den aktuellen Technologien verknüpfen. Dabei geht es auch um die Faszination des Handwerks.“

– Kommt die heutige Ausbildung dem nach?
Blumer: „Ich glaube schon. Es gibt heute sehr viele Handwerker, Architekten und Ingenieure, die aus einer Ausbildung kommen, die Holz in das Zentrum stellen. Diese Fachleute haben das Gefühl, dass sie die Zukunft vor sich haben.“

– Ihre Ausblick und Wünsche.
Blumer: „Die heutigen Holz-Technologien habe ich ja schon in den Achtziger-Jahren voraus gesehen und ich habe mir diese Entwicklung gewünscht. Aber ich kann mein Bild der Zukunft jetzt nicht mehr weiter ausdehnen, denn was ich damals gesehen habe, wird wahrscheinlich auch in 20 Jahren nicht sehr viel anders sein. Worüber wir heute noch nicht verfügen, ist das versteinerte Holz, also in der Kombination von Silikaten und Holz, von ins Holz eingelagertem Silizium. Das würde die Anwendbarkeit des Holzes enorm erhöhen. Es brennt nicht mehr, es wird dauerhaft, es ist weiter gut bearbeitbar. Diese Anpassungen der Fähigkeiten des Holzes und Systeme oder deren Aufarbeitung geschehen möglicherweise in den nächsten 20 Jahren. Dank einer besseren Ausbildung wird man dem Holzbau nochmals ein großes Spektrum erschließen, aber die Formen werden ähnlich sein. Die Architektur ist heute im Aufbruch zu weiteren Formen mit großer Kraft, das ist fast wie ein Spiel, fast wie eine Droge.“

– Fällt bei diesen Superformen und Superstoffen denn noch genügend ab für den Serienbau, für den Wohnbau, für das Profane?
Blumer: „Metallische Baustoffe werden bald rarer und teurer, für mich ghet die Rohstofffrage in Richtung Kohlenstoff- und Siliziumbasis, denn diese Rohstoffe sind unerschöpflich. Und wenn Silizium und Kohlenstoffe zusammen kommen, dann entsteht eine neue Welt.“

Jörg Pfäffinger

Fotos Holzbau: Creation Holz (www.creation-holz.ch)

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