Holz-Hochhäuser

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Das Bauen mit Holz sucht die Höhe

Autor: Michael Meuter (Information & PR Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich)
michael.meuter@lignum.ch
www.lignum.ch

Immer weiter empor mit Holz International ist ein regelrechtes Wettrennen um das höchste Holzgebäude im Gange. Den derzeitigen Rekord hält Norwegen mit 14 Geschossen; in Österreich stehen 24 Geschosse vor der Realisierung. Baut auch die Schweiz bald Hochhäuser aus Holz?

In der norwegischen Stadt Bergen ist vor Weihnachten 2015 das derzeit höchste Holz-Wohnhaus der Welt mit Namen ‹Treet› (Baum) nach 15 Monaten Bauzeit ab Fundament eingeweiht worden. 51 Meter hoch, zählt es 14 Geschosse. Diese Bestmarke könnte indessen schon bald ein Projekt in Österreich in den Schatten stellen: Gleich zehn Geschosse mehr als der Norweger ‹Baum› wird das Holz-Hochhaus ‹HoHo Wien› aufweisen. Das 84 Meter hohe Gebäude entsteht demnächst in der Seestadt Aspern im Norden der österreichischen Hauptstadt.

Höher hinauf auch in der Schweiz?

Wenn sich Österreich solche Projekte zutraut: kann das die Schweiz nicht auch? Schliesslich gehört unser Land mit zur Weltspitze im Holzbau und spielt im mehrgeschossigen Bauen mit dem nachwachsenden Rohstoff sogar eine Vorreiterrolle. Seit 2005 entstehen in der Schweiz jedes Jahr eine Vielzahl grosser Wohn-, Büro- oder Schulbauten, oft in gemischten Bauweisen mit Holz. Unter den neuen, 2015 in Kraft getretenen Brandschutzvorschriften hat sich Holz als Baustoff ohne Sonderregelung normalisiert. Das verleiht dem Holz im Bau und Ausbau noch einmal kräftige Wachstumsimpulse. Holz kann jetzt zum Beispiel auch bei Beherbergungsbetrieben wie Hotels und Altersheimen oder bei Verkaufsgeschäften bis 30 m Gesamthöhe zum Zug kommen.

Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Hochhäuser mit Holz möglich. Wäre das nicht eine logische Erweiterung der bisherigen Praxis? Schliesslich haben sich mehrgeschossige Holzbauten im urbanen Raum bereits gut etabliert. Angesichts des hohen Materialeinsatzes für Hochhäuser würde es auch aus Sicht von Energie und Klima Sinn machen, zur Erstellung von Hochhäusern künftig verstärkt das nachwachsende, CO2-speichernde Material Holz zu nutzen, in dem sehr wenig graue Energie steckt.

Ökonomie setzt Grenzen

Hochhäuser in Holz sind aussergewöhnlich, aufsehenerregend und eignen sich für ein Wettrennen: Wer baut das höchste Hochhaus in Holz?›, meint der Holzbauingenieur Stefan Zöllig, der in den letzten Jahren viele grosse Objekte im Holzbau mitgeprägt hat. So hat sein Büro Timbatec etwa den grössten Holzwohnbau der Schweiz mit 300 Wohnungen geplant, der jetzt unter dem Namen ‹sue & til› in Oberwinterthur entsteht.

Doch Zöllig relativiert: ‹Die grosse Masse der Holzanwendung liegt nicht in der Höhe, sondern in der Breite. Nach unserer Sicht sind Hochhäuser in Holz ein Ikonenmarkt, der zwar interessant, aber in der Masse untergeordnet bleiben wird. Es wird mehr Hochhäuser in Holz geben. Die Grenze ist mit zehn Geschossen noch längst nicht erreicht. Doch ab der Hochhausgrenze von 30 Metern, das heisst bei rund zehn Geschossen, steigt der Aufwand für Brandschutz und Erschliessung sprunghaft an. Erst bei mehr als etwa 16 Stockwerken zahlt sich der Mehraufwand netto pro Geschoss wieder aus.›

Überraschend hohe Akzeptanz für das Hochhaus

Wenn schon, dann also richtig hoch hinaus mit Holz, könnte man das zusammenfassen. Aber wollen Herr und Frau Schweizer überhaupt in Hochhäusern wohnen? Das Büro Zimraum Raum + Gesellschaft gibt mit der im Februar 2016 veröffentlichten Studie ‹Akzeptanz städtischer Dichte› erstaunliche Antworten auf diese Frage für die Stadt Zürich. Gemäss Befund von Studienautorin Joëlle Zimmerli könnte sich fast die Hälfte der Befragten vorstellen, in einem Haus mit acht oder mehr Stockwerken zu wohnen – vor allem in innerstädtischen Quartieren und in der Nähe von S-Bahn-Stationen.

Was an der Limmat gebaut wird, sieht allerdings anders aus. Zimraum hat Daten von Statistik Stadt Zürich ausgewertet, aus denen hervorgeht, wie viele Geschosse die Bauten haben, die zwischen 2008 und 2013 in der Stadt Zürich gebaut worden sind. Fast die Hälfte weist nicht mehr als vier Geschosse auf. Ein Viertel der Bauten ist fünf Stockwerke hoch, ein weiteres erreicht sechs bis sieben Geschosse. Nur 6% haben acht Stockwerke; zehn Geschosse und mehr gibt es nur in Einzelfällen.

Angesichts dieser Zahlen könnte es durchaus noch etwas dauern bis zur Einweihung des ersten Holz-Hochhauses der Schweiz. Aber man sollte nicht allzu verblüfft sein, wenn sie plötzlich angekündigt wird. Das Baumaterial Holz kann auch in der Schweiz noch weit mehr als das, was es bisher hat zeigen können.

Lignum, Holzwirtschaft Schweiz ist die Dachorganisation der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. Sie vereinigt sämtliche wichtigen Verbände und Organisationen der Holzkette, Institutionen aus Forschung und Lehre, öffentliche Körperschaften sowie eine grosse Zahl von Architekten und Ingenieuren. Dazu treten zwei Dutzend regionale Arbeitsgemeinschaften. Lignum vertritt eine Branche mit rund 80‘000 Arbeitsplätzen von der Waldwirtschaft über Sägerei und Holzwerkstoffproduktion, Handel, Zimmerei, Schreinerei und Möbelproduktion bis zum Endverbraucher von Holz.

Treet, Holzhochhaus in Norwegen

Gebaut: Haus ‹Treet› im norwegischen Bergen mit 14 Geschossen in Holz (Bauherrschaft: Baugenossenschaft Bergen og Omegn Boligbyggelag, NO-Bergen; Architektur: Artec AS, NO-Laksevåg/Bergen; Tragwerksplaner: Sweco, NO-Oslo). Bild: BOB BBL

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