Genossenschaftswohnprojekt setzt auf ökologische Bauweise

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Autor: Prof. Dr. Dagmar Everding (Hochschule Nordhausen)

Genossenschaftswohnprojekt Berlin-Spreefeld setzt auf ökologische Bauweise

Eine aktuelle Aufgabe stellt die kostengünstige Errichtung von Wohnungen dar, um die überhitzten Wohnungsmärkte in den größeren Städten deutscher Wachstumsregionen zu entlasten. Der Zustrom deutschen und ausländischen Kapitals in den deutschen Immobilienmarkt hat spekulative Preisschrauben ausgelöst, die vor allem in den Metropolen zu sozialen Verwerfungen führen. Die Politik fordert von der in die Kritik geratenen Immobilienwirtschaft, eine große Zahl neuer Wohnungen mit kostengünstigen Mietpreisen zu errichten. Diese antwortet mit der Forderung nach subventionierten Grundstücken und nach dem Absenken ökologisch-energetischer Standards, siehe Bericht der Baukostensenkungskommission des Bundesbauministeriums 2016.

Bleibt den Kommunen wirklich nichts anderes übrig, als eigene Grundstücke für in den Standards abgesenkten industriellen Wohnungsbau abzugeben (spätere Fehlentwicklungen nicht ausgeschlossen)?

Einen alternativen Lösungsweg aus der Misere zeigen aktuelle Genossenschafts-Wohnprojekte auf.

Am Kreuzberger Spreeufer befinden sich auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung der Stadt noch ehemals gewerblich genutzte Grundstücke, die auf neues urbanes Leben warten. Entlang dieses Abschnitts der Spree soll eine grüne Promenade entstehen, an die sich Wohn- und Dienstleistungsnutzungen anschließen. Eines dieser Grundstücke erwarb eine Gruppe als Genossenschaft, d. h. das Grundstück musste mitfinanziert werden. Damit es einen günstigeren Einstieg für die Genossen gab, konnte man mit ca. 10% Eigenkapital schon Genossin werden.

Die individuelle Wohnfläche wurde auf maximal 40 Quadratmeter pro Person begrenzt. Für erweiterte Wohnnutzungen wie Kinderspiel, Feiern, Bewegung, Fitness und Geselligkeit sind Gemeinschaftsflächen vorgesehen. Um auf lange Sicht die Flexibilität zu wahren, werden sie teilweise als Optionsräume gestaltet, deren Nutzung anpassbar ist bzw. die auch an Dritte vermietet werden.

Die rechtlich mögliche städtebauliche Dichte wird ausgereizt. Das komplette Erdgeschoss ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Die hierdurch geringe private Freifläche auf dem Grundstück kompensieren das Team der Architekten (carpaneto architekten / fatkoehl architekten / BARarchitekte) mit großzügigen begrünten Gemeinschaftsterrassen als vertikale Gärten und als Dachgärten. Die kompakte Bauweise in drei siebengeschossigen Baukörpern bietet optimale Voraussetzungen für den extrem energiesparenden Passivhausstandard. Dessen Realisierung sowie eine eigene Stromgewinnung über eine 900 Quadratmeter große Photovoltaikanlage sichern langfristig niedrige Energiekosten. Als Hauptbaustoff wurde Holz eingesetzt, z. B. Holztafelwände an den Fassaden. Das auf den Dächern anfallende Regenwasser nutzt man für die Bewässerung der umfangreichen Begrünung.

Die hohe Wohnqualität in diesem Projekt ist aktuell mit einer Einlage von 1.000 € pro Quadratmeter sowie einer monatlichen Nutzungsgebühr von 5,60 bis 10,10 €/ pro Quadratmeter verbunden. In der Nutzungsgebühr (vergleichbar mit einer Kaltmiete) sind die Gemeinschaftsflächen anteilsweise enthalten. Ein solch kostengünstiges Wohnen ist für Menschen möglich, die bereit sind, einen Teil ihres Alltags im Zusammenleben in einer größeren Gemeinschaft zu verbringen und ihre individuellen Wohnflächenansprüche in einem durchschnittlichen Rahmen zu halten. Ein Viertel der gesamten Wohnfläche sind Clusterflats.

Der Kunstfertigkeit der Architekten ist es zu verdanken, dass die maßvollen Wohnungsgrößen hinsichtlich Belichtung und Besonnung, Zuschnitt und innerer Erschließung eine hohe Qualität bieten. Um innenliegende Sanitärtrakte gruppieren sich von nur wenigen inneren Stützen getragene Großräume, die sich durch Leitbauwände flexibel aufteilen lassen. Die gewählte Maisonette-Bauweise, als die zusammengefasste Nutzung von jeweils zwei übereinanderliegenden Geschossen, erweitert zusätzlich das Spektrum möglicher Raumaufteilungen für das individuelle und das gemeinschaftliche Wohnen.

Gemeinschafts-Wohnprojekte stellen eine echte soziale und ökologische Alternative zum anonymen Wohnen in industrieller Bauweise dar.

Abbildungen:
Grundrissplan Erdgeschoss, Quelle: carpaneto architekten • fatkoehl architekten • BARarchitekten
Foto von der Seitenansicht mit Gemeinschaftsterrassen, Foto: Andreas Trogisch
Foto von einem der Optionsräume: Foto: Andrea Kroth

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